Dienstag, 27. Oktober 2015

EIN STÜCKCHEN DEUTSCHLAND

Die letzte Woche war sehr entspannt.
Zunächst kamen Jule und Christian von den friends für eine Woche zu Besuch. Im Januar werden zwei Südafrikaner von TLF, Innocent und Dimakatso, für ein Jahr nach Deutschland gehen, und letzte Woche fand ihr Vorbereitungsseminar statt. Über mehrere Tage verteilt lernten die beiden eine Menge über die deutschen Gepflogenheiten, Do's und Don'ts und in welchen Projekten die beiden arbeiten werden. Innocent wird mit Jugendlichen in Berlin arbeiten, Dimakatso mit Flüchtlingen in Hannover. Es war sehr amüsant zu sehen, wie die einfachsten Dinge die beiden überraschten: Dimakatso konnte sich nicht vorstellen, erst spät in der Nacht zum Feiern loszugehen. Als sie eine Situation beschrieb, in der sie "spät in der Nacht, so gegen 11, nach Hause käme" mussten wir ihr erst einmal erklären, dass man in Deutschland um diese Zeit erst losgeht. Innocent wiederum wird in Berlin auf eine Menge unterschiedliche Leute treffen, die er von hier gar nicht gewohnt ist und die teilweise mit seinen Vorstellungen nicht übereinstimmen. Insgesamt scheinen sich die beiden aber echt zu freuen und auch die Deutschstunden werden wieder regelmäßiger aufgenommen, denn in beiden Projekten ist die deutsche Sprache Pflicht. 








 Künstler!
Am Wochenende haben wir endlich mal wieder gar nichts gemacht. Einige von uns sind mit dem Besuch aus Potch ein bisschen durch die Stadt gezogen, ich selbst habe schön ausgeschlafen und mal wieder ein bisschen Ruhe gehabt. Wurde auch mal wieder Zeit, so schön das WG-Leben auch ist. Am Samstag war das Halbfinale vom Rugby, das die Springboks leider 20-18 verloren haben. Ein kleiner Trost ist, dass stattdessen Neuseeland im Finale ist, dessen Mannschaft (die All Blacks) ich bei meinem Austausch schon live gesehen habe. Wäre aber natürlich cool gewesen, wenn Südafrika ins Finale gekommen wäre.

Ganz vergessen: Am Sonntag waren Joni und ich mit Pastor Kiola (ebenfalls von TLF) in seiner Kirche in Pretoria West. So einen Gottesdienst habe ich echt noch nie erlebt... Als wir viertel nach 8 ankamen, waren zwar noch nicht viele Leute da, aber ein Pastor hat schon bible studies gehalten, also ein paar Verse vorgelesen und dazu gepredigt. Je später es wurde, desto voller wurde die Halle, die entfernt an eine Sporthalle erinnerte, bis zum Schluss jeder Stuhl besetzt war. Vorne war eine Live Band mit Background Sängerinnen, die jedes Lied mitgesungen haben. Von den Decken hingen bunte Lichter, hinter dem Pastor waren mehrere Bilder und eine vom Beamer bestrahlte Leinwand angebracht. Der Gottesdienst begann mit Singen und Tanzen und Beten, durch die Lichter und die Band hat sich alles jedoch eher wie eine kleine Party angefühlt. Total cool! Der Pastor hat uns auch aufgefordert, uns mit unseren Nachbarn zu unterhalten, und so bekam man von allen Seiten zu hören "Hey, nice to meet you! How are you? In case you did not know, you are a gorgeous generation!" etc. Alle, die das erste Mal die Kirche besuchten, wurden außerdem nach vorne gebeten und willkommen geheißen. Danach wurde wieder gebetet. Mitten im Gebet wurden plötzlich zwei Frauen nach vorne geschliffen, die sich gewehrt haben. Was dann folgte, war vermutlich eine Art Exorzismus: Alle haben die Hände gehoben und für die Frauen gebetet, die vorne schrien und weinten, während der Pastor Tücher um sie und die Hände auf ihren Kopf legte und "Devil out!" schrie, woraufhin die Frauen auf den Boden fielen. In dem Moment realisiert man noch einmal, dass dieReligion hier einen ganz anderen Stellenwert hat als in Deutschland. Die Leute widmen einen großen Teil ihres Lebens Gott und auch der Teufel hat eine große Bedeutung - wenn natürlich auch im negativen Sinne. Nach 2,5 Stunden Gottesdienst begann ein Pastor ausführlich über Geben und Nehmen zu predigen, ohne Interaktivität oder dergleichen. Als gegen 1 eine Frau meinte, der Gottesdienst habe keine feste Endzeit und eventuell würde er noch so etwa eine Stunde gehen, Pastor Kiola aber eine Stunde mehr einplante, beschlossen wir vorzeitig zu gehen. Nach fast 5 Stunden Gottesdienst wollten wir dann doch nach Hause. Man kann den Gottesdienst echt gut besuchen, muss aber auch gehen wenn es einem zu langatmig wird (was viele Familien vor uns getan haben), das haben wir gelernt. Aber die Erfahrung war es auf jeden Fall wert!
Uuuund wir haben uns einen Grill gekauft! Gleich am Sonntag veranstalteten wir mit der ganzen WG einen Braai. Es gab Salate, Gemüse, Mais und Fleisch. Sehr lecker (bis auf das Fleisch ;-) ). Nächstes Wochenende kommen Jule und Christian noch einmal für eine Nacht, bevor sie wieder abfliegen, und als Abschluss für die beiden werden wir noch einmal einen Braai machen.
Sonst ist alles wie gehabt. Das Wetter ist nicht mehr so brütend heiß wie vor kurzem, sondern nur noch knapp unter 30 Grad mit einem fetten Gewitter alle paar Tage. Ist auch mal ganz angenehm, etwas abzukühlen, auch wenn ihr euch das in Deutschland mit euren 5 Grad nicht vorstellen könnt. :-)

Sonntag, 18. Oktober 2015

FOTOSTRECKE PILANESBERG NATIONAL PARK


Die ersten Tiere, die wir gesehen haben: Antilopen.


Der Elefantenbulle, der uns gescheucht hat. Ja, der war wirklich so nah!




Giraffen und Bergzebras findet man oft gemeinsam. Die Giraffen fresse oder stehen wie Statuen, die Zebras kratzen sich gegenseitig und benehmen sich wie faule Pferde.

Wenn die Vögel nicht gerade überm Park fliegen, sitzen sie auf hohen Bäumen.

Ein Gnu.

Ei ei ei, was seh ich da... Ein Warzenschwein knutscht mit einer Antilope!

Bis man die Nashörner aus der Ferne sieht, vergeht schon einige Zeit.

Das ist wohl der Beweis, dass nichts von Menschen reguliert wird. Da sitzt auch ein Vogel, der die Reste abknabbert.


Perlhühner ohne Ende. Haben mich an die Zeit erinnert, als ihre polnischen Verwandten morgens um 5 zu krähen anfingen.
 



Noch mehr Elefanten! Ein ganze Herde samt Klo. Wir haben uns gewundert, warum es plötzlich so stinkt, und haben dann den schönen Fleck gesehen. Elefanten scheinen sehr reinlich zu sein.





 
 

VOR ELEFANTEN FLÜCHTEN

Seit Mittwoch ist unsere neue und letzte Mitbewohnerin Lindsey da. Sie kommt aus Birmingham in England und bleibt voraussichtlich für 6 Monate. Wir verstehen uns super mit ihr! Direkt am Donnerstag waren wir beim Chinesen, um uns besser kennen zu lernen und alle haben das Gefühl, dass es passt. Und es ist witzig zu sehen, wie sich jemand Neues auf den Straßen bewegt, weil wir uns mittlerweile doch ziemlich gut eingelebt haben, wissen wann wir Angst haben sollten und wann nicht. Wie wir am Anfang braucht Lindsey aber nur etwas Zeit zur Eingewöhnung. 

Sonst ging die Woche eigentlich relativ schnell rum. Die Laptops vom Potters House sind mittlerweile fast fertig eingerichtet und nachmittags ist ja eh Homework Center, wo wir die Woche nach den Ferien einen neuen Schüler haben, also jetzt insgesamt neun. Mittlerweile lernen wir die Kinder immer besser kennen, was dem Homework Center noch einmal eine ganz neue Ebene verschafft, weil man nicht nur als teacher, sondern auch auf persönlicher Basis bei den Hausaufgaben hilft. Nur ein Mädchen hat beschlossen, uns zu ignorieren, was echt anstrengend ist. 
Mit Marlies ist jetzt auch offiziell abgesprochen, dass ich, sobald alles mit den Coordinators abgesprochen ist, vormittags bei Akanani mit obdachlosen Männern arbeiten darf. Morgen besprechen wir dann wahrscheinlich, wie meine Zeiteinteilung aussieht. 

Dieses Wochenende haben wir uns dann Autos gemietet, weil wir nach Koster auf einen Geburtstag eingeladen waren. Weil wir sowieso in der Ecke waren, sind wir dann tagsüber am Samstag in den Pilanesberg National Park gefahren und haben einen Game Drive (mit dem eigenen Auto in der Gegend rumfahren und Tiere angucken) gemacht. Ich weiß nicht, ob wir Glück hatten oder das üblich ist, aber wir haben richtig viele Tiere gesehen: 
Chamäleon. Auf dem Hinweg zum Park stand an der Kreuzung ein Mann und hat Getränke    verkauft. Beim vorbeifahren ist er ein paar Meter neben meinem Fenster gelaufen und hat ein Chamäleon auf der Hand gehalten! Handtellergroß, quietschegrün und diese Rundumaugen.
Antilopen. Ganz viele und in allen möglichen Arten, unter anderem einen Springbok. Es ist jedes mal wieder faszinierend zu sehen, was für Hörner diese Tiere haben. Gedreht, höher als der eigentliche Körper oder meterlang.
Elefanten. Direkt nach ein paar hundert Metern (und dem Satz "Ich würde so gerne einen Elefanten sehen!") sehen wir ein Auto stehen, was immer eine gute Sicht auf Tiere bedeutet. Wir haben aber nicht erwartet, plötzlich vor einem riesigen Elefantenbullen zu stehen, der auf der Suche nach Weibchen ist! Am Anfang war es spannend, so dicht vor dem Dickhäuter zu stehen. Dann wollte der Elefant anscheinend spielen und ist auf die Autos zugelaufen. Das Auto vor uns ist an uns vorbei geflüchtet, sodass Joni, Frieda und ich nur wenige Meter vor ihm standen. Anna, Nik und Caro konnten in einen kleinen Schotterweg abbiegen, wo allerdings nur für ein Auto Platz war. Bestimmt 10 Minuten sind wir langsam vor dem mit den Ohren wackelndem Elefanten gaaaanz langsam rückwärts geflüchtet. Jedes Mal, wenn wir überlegt haben stehen zu bleiben in der Hoffnung, er geht dann einfach an uns vorbei, hat er sich direkt vor unser Auto gestellt und hat böse mit den Ohren gewedelt und den Rüssel über sein Horn gelegt. Gruselig! Mittlerweile hatten sich sowohl hinter uns als auch hinter dem Elefanten in gebührendem Sicherheitsabstand 5-6 andere Autos aufgereiht. Die Rettung war dann ein Jeep, er eine geführte Tour gemacht hat. Neben dem Jeep war in einer Seitenstraße noch Platz, und der Führer hat uns gezeigt, dass wir das Auto ausschalten sollen. Der Elefant ist dann die Straße weiter getrottet, hat uns aber noch einmal ausgiebig angestarrt. Später haben wir dann noch ganze Familien mit winzigen Babys gesehen. Das war dann zum Glück eher süß als beunruhigend. 
Gnus (oder Büffel?). In riesigen Herden oder alleine im hohen Gras. Eigentlich sind sie ziemlich hässlich, andererseits ziemlich cool mit ihrem Bart.
Nilpferde. Nur ganz kurz im Wasserloch, aber gerade als wir vorbei gefahren sind ist eins aus dem Wasser geschossen, hat riesig gegähnt und ist mit einem Platsch wieder untergetaucht. 
Nashörner. Zwei neben dem Wasserloch, die im Schlamm perfekt getarnt sind. 
Giraffen. In Herden, große und kleine, alte und junge. Es ist jedes Mal wieder beeindruckend. Und die Babygiraffen sind so unglaublich winzig! Und eine tote Giraffe, die schon zum größten Teil gefressen war.
Warzenschweine. Friedas neue Lieblingstiere sind echt gar nicht so hässlich, wie immer behauptet wird. Die, die wir gesehen haben, waren so groß wie mittelgroße Hunde.
Zebras, genauer gesagt Bergzebras. Sie sind glaube ich eines meiner Lieblingstiere. Kurz bevor wir den Park verlassen haben sind noch einmal Zebras direkt vor unserem Auto über die Straße gelaufen, mittendrin ein Fohlen. So süß! Die Fohlen haben eine total lange Mähne, sodass es so aussieht, als ob bei der Geburt schon die Mähne "ausgewachsen" ist.
Vögel. Klein und bunt, wie es sich für Afrika gehört! Ein Pirol war auch dabei, die hört und sieht man hier viel öfter als in Deutschland. :-) 

Der Pilanesberg National Park war also rundum ein Erfolg. Obwohl wir nur etwas über drei Stunden hatten haben wir irre viele Tiere gesehen (und sie uns!). Einzig und allein Löwen und Strauße hätten noch gefehlt, aber das hat dem Ausflug keinen Abbruch getan. Vor allem, weil man die Tiere wirklich in ihrem natürlichen Umfeld sieht und sie nicht vorgeführt werden, sondern man sie in dem 500km2 großen Park suchen muss. Und das für etwas über 4€ Eintritt! 

Abends sind wir dann nach Koster zu einem Geburtstag gefahren. Ums kurz zu fassen: Es war cool! Obwohl es schon dunkel war als wir gekommen sind, der Weg dahin echt unangenehm zu fahren war (im Dunkeln Auto fahren ist nicht zu empfehlen!) und unser Navi uns mitten in ein Township geführt hat, sind wir dann doch noch heil angekommen.
Fazit vom Tag: Unheimlich viele tolle Tiere gesehen. Anna schafft es noch häufiger, mein Auto fast zu schrotten als der Elefant. Im Dunkeln Auto fahren ist doof. Und wir würden alles nochmal so machen! 
Der Rückweg von Koster war noch komischer als der Hinweg. 8km über einen Schotterweg, der gefühlt seit mehreren Jahren nicht befahren wurde. Angst ums Auto gehabt, Navi hat uns eine falsche Route gezeigt und Joni hatte mit der Karte mehr Ahnung als das Navi. Pünktlich auf die Minute sind wir dann zur Autoabgabe gekommen. Jetzt sind alle fertig, heute passiert wohl nicht mehr so viel. 

Fotos folgen in einem extra Post!  

Montag, 12. Oktober 2015

FOTOSTRECKE HOLIDAY PROGRAMME




 In einem großen Kreis wird gesungen und gebetet.
 Esseeeeeeeeen! Zum Frühstück gabs immer Porridge.
 Passend zum Thema "Armour of God" haben wir eine Rüsung gebastelt.


 Die Sieger der talent show. Die beiden linken sind nicht traurig, sondern haben im Gegenteil vor Glück geweint.


Wir sind die mighty wolves. Auuuuuuuuuuuuu!

HOLIDAY PROGRAMME UND ARBEIT

Heute möchte ich mal ein bisschen näher über meine Arbeit berichten. 

Generell arbeite ich im Moment im Potters House, einem Haus für Opfer von gender based violence. Frieda, die dort auch arbeitet, und ich müssen halb 9 da sein und haben so zwischen vier und halb 5 Schluss. Vormittags sind wir im Büro und machen alles mögliche: Statistics (alle Details der obdachlosen Frauen, die von uns Hilfe bekommen, in eine Tabelle eintragen), Workshops besuchen und vor- und nachbereiten, die regelmäßigen Einkäufe unterstützen, organisatorische Dinge wie Poster gestalten oder unsere Chefin Leah zu Meetings begleiten. Im Moment verbringen wir die meiste Zeit damit, vier Laptops einzurichten (also Programme installieren, andere deinstallieren, vernünftige Virenprogramme drauf und danach Accounts für jede Frau im Potters House erstellen), um den Frauen Computer etwas näher zu bringen und die Grundlagen beizubringen. Außerdem ist geplant, dass jeder staff member ein Ansprechpartner für eine Frau wird, um die Bindung zwischen staff und Bewohnerinnen zu stärken. 
Unsere Mittagspause verbringen Frieda und ich meist mit Joni, Shady und manchmal Nik im Burgers Park nebenan. Dort gibt es einen Kiosk der Essen verkauft, viel Grünfläche und Sonne. :-) 
Nachmittags sind wir dann im Homework Center. Insgesamt 9 Kinder kommen Montag bis Donnerstag zu TLF, um bei ihren Hausaufgaben Unterstützung zu bekommen. Wir bereiten ihnen Mittagessen vor und helfen anschließend etwas über 1,5 Stunden bei den Hausaufgaben. Komischerweise haben die Kinder immer entweder unglaublich viel auf, sodass sie am Ende der Woche nur die Hälfte geschafft haben, oder gar nichts, sodass sie die Zeit zum Spielen nutzen können. Wenn ein Kind die Hausaufgaben des Tages geschafft hat und sich gut benommen hat, bekommt es einen Sticker. Am Ende des Monats werden die Sticker gezählt und kleine Geschenke wie Schlüsselanhänger oder Süßigkeiten verschenkt. Trotz des Ansporns ist es manchmal ziemlich schwer, die Kinder zum Arbeiten zu bewegen. Ein Mädchen zum Beispiel hat Schwierigkeiten mit Mathe, muss aber an einem Tag alle Zahlen von 500 bis 1000 in Zweierschritten plus Hausaufgaben in Englisch und Afrikaans machen. Die Motivation sinkt natürlich und man kommt in einen Teufelskreis. Mittlerweile wissen wir zum Glück, wie wir die Kinder wieder anspornen können. Den Ententanz haben wir zum Beispiel umgewandelt in einen cat, lion oder elephant dance - je nachdem, welche Tiere das Kind mag. Und Lacher von den Frauen ernten wir zusätzlich, wenn wir plötzlich draußen stehen, mit dem Hintern wackeln und laut miauen. 
Jeden Mittwochabend findet außerdem ein Outreach statt, bei dem wir vom Potters House zu Prostituierten fahren und mit ihnen zusammen beten, singen und Kondome verteilen. Bisher war ich erst einmal mit, aber diesen Mittwoch wirds wohl wieder soweit sein. Es ist einerseits schlimm zu sehen, wie es nachts auf den Straßen so aussieht, aber andererseits total interessant, weil man eine komplett andere Perspektive kennenlernt.
In den Ferien gibt es immer ein holiday programme, das ich auch im letzten Post erwähnt habe. Am letzten Tag fand eine talent show statt. Zwischen Gesang, Tanz und Gedichten gab es auch zwei Theaterstücke, die uns ziemlich schockiert haben. In Deutschland würde ein Theaterstück von 6-11 Jährigen vermutlich von Shoppen, Tieren oder Liebe handeln. Hier ging es um Missbrauch und die Schere zwischen Armut und Reichtum. Letzteres handelte von zwei Familien, von denen eine sich locker mal eben ein Kleid für 20.000 Rand kaufen konnte und die andere nicht einmal die Schulhefte der Kinder bezahlen konnten. Im zweiten Stück hat sowohl der Vater als auch der Onkel Frau und Kinder geschlagen. Das Stück hatte zwar mit der Verhaftung beider ein happy end, zuvor hat der Onkel jedoch die Frau umgebracht, was der Vater nur stolz mit einem "good job!" quittierte. In solchen Situationen merkt man überdeutlich, dass man mit Kindern mit schwerer Vergangenheit zusammen arbeitet und fragt sich unweigerlich, was wohl in den Köpfen vorgehen mag. Von manchen kenne ich die Geschichte und mag mir gar nicht vorstellen, wie das für ein kleines Kind sein mag. Auf der anderen Seite sind die Kinder die meiste Zeit ganz normale Kinder, denen man überhaupt nichts von irgendwelchen schlimmen Erfahrungen anmerkt.

Zwischendurch gibt es immer mal wieder Tage, an denen wir etwas komplett anderes machen. Wir waren zum Beispiel einen ganzen Tag lang bei einem Vortrag über human trafficking, also Menschenhandel.
Alles in allem macht die Arbeit echt Spaß. Natürlich gibt es zwischendurch mal Leerlauf, aber mittlerweile haben wir uns ganz gut eingelebt und werden demnächst auch einen drivers test machen, sodass wir offiziell bei TLF fahren dürfen und nicht nur in unserer Freizeit. 

Mittwoch kommt auch die letzte Mitbewohnerin an, eine 41 jährige Krankenschwester aus England. Dann ist unsere WG mit 13 Leuten komplett. Ich bin gespannt, wie es wird! 

Donnerstag, 8. Oktober 2015

36 GRAD UND ES WIRD NOCH HEIßER

Zwischendurch ein kleiner Bericht über die Hitze. Wir hatten heute tatsächlich 36 Grad und weil im Moment Frühling ist, wird es immer wärmer. Einher mit der Hitze gehen auch einige neue Erfahrungen, die ich mit euch teilen möchte. 

Dienstag war ich mit Frieda im Schwimmbad. Den Weg dahin ist zwar etwas weit, aber sportlich wie wir sind sind wir beide Wege gelaufen statt ein Cab zurück zu nehmen (in Wahrheit kam unser Taxifahrer für die Rückfahrt einfach nicht und wir haben kein Minibustaxi gefunden). Das Schwimmbad selbst besteht aus zwei Becken, beide so dass man stehen kann, da viele Erwachsene nicht schwimmen können. Ein Becken geht mir bis knapp unter die Schultern, das andere etwas über den Bauchnabel, wobei letzteres immer voller ist als das Tiefe. Als wir angekommen sind, war es der Hitze entsprechend proppevoll und am Eingang des Beckens lagen viele Kinder weiter hinten die älteren Besucher. Als wir ins Becken wollten, mussten wir uns also zwischen einem Haufen gaffender ("Weiße! Und dann auch noch in Bikini!") Südafrikaner vorbeiquetschen. Gesagt, getan... Wobei wir uns schon etwas unwohl gefühlt haben, und nicht ohne Grund: Wir sind in das Becken und wurden sofort von allen Seiten gaaanz zufällig betatscht. Nicht nur die älteren, auch die jüngeren Jugendliche sind beim Tauchen neben uns wieder aufgetaucht und haben ihre Hände "aus Versehen" an unseren Hüften oder Ärschen gestreift. Am anderen Ende des Beckens haben wir uns dann umgedreht und einen Halbkreis aus locals vor uns gefunden, die uns einfach nur angeglotzt haben. Der vorher überfüllte Eingangsbereich war leer. Dementsprechend kurz viel dann die Abkühlung aus, wir sind nur noch einmal kurz ins tiefere Becken gegangen und wollten uns unauffällig in den Hintergrund eines Fotos stehlen, haben dabei aber nicht an unsere Hautfarbe gedacht, die zwischen lauter schwarzen Menschen natürlich auffällt. Es kam, wie es kommen musste: Alle auf einmal haben sich umgedreht und fanden es mega lustig, dass da zwei weiße Mädchen hinter ihnen standen. Wohl oder übel mussten wir dann doch noch auf ein Foto mit drauf, diesmal aber vernünftig. Als wir dann zu unseren Handtüchern zurückgekehrt sind, kamen direkt die beiden Jungs vom Foto hinterher und wollten schnacken. Nach der ganzen Gafferei waren wir aber relativ unmotiviert.  

Diese Woche sind hier Schulferien, das heißt für uns und die Kinder holiday program. Eine Woche lang beschäftigen wir die Kinder bis nachmittags, damit sie nicht alleine Zuhause sind und ihnen nichts passiert. Morgens sammeln wir die Kinder von Zuhause ein, beten, spielen Spiele, besuchen ein Museum und lernen uns gegenseitig besser kennen. Ganz schön anstrengend, wenn man den ganzen Tag Kinder um sich hat, aber trotzdem macht alles total Spaß und meine Gruppe (bestehend aus 8 Kindern im Alter von 9 Jahren, die "mighty wolves" mit einem Wolfsjaulen als Kampfschrei) ist total lieb. Meistens. 
Heute war also der vorletzte Tag und nachmittags hatten alle Zeit, draußen auf dem Sportplatz einer Grundschule zu spielen. Es standen Rasensprenger rum, und so wurde aus einfachem Spielen eine Wasserschlacht. Alle wurden in den Wasserstrahl gezerrt, egal ob teacher oder Kinder, egal ob das Oberteil weiß (also durchsichtig) oder bunt war. Bei den Temperaturen hier echt angenehm kalt! Wir konnten auf dem Sportplatz auch einen kleinen Wirbelsturm beobachten, als das Wetter von brütend heiß zu heiß mit Gewitter abgeflaut ist. Weil die Kinder mich nass gemacht haben, habe ich sie auch nass gemacht und allen eine herzhafte Umarmung gegeben, die noch trocken waren. Im Gegenzug durften sie durch meine nassen Haare fassen, was anscheinend total toll ist (auch für Caro, die macht das auch ständig). 

In tiefster Verbundenheit und Liebe,

Caro

Der letzte Satz kam von Caro, die neben mir auf dem Balkon sitzt, wegen einem Bienenstich voller Medikamente gepumpt ist und ein Bier trinkt. Meins ist leider schon leer.