Mittwoch, 16. Dezember 2015

UND DIE ZEIT FLIEGT

(Von vor 2 Wochen... Ups, die Zeit vergeht schnell!)
Letzte Woche war ausnahmsweise auch arbeitsmäßig viel los. Da Joni und ich bei Akanani Dienstag eine Session zum Thema "life skill: communication" halten sollten, mussten wir uns auch Montag noch vorbereiten. Es lief eigentlich ganz gut; wir haben ein Plakat gestaltet und nach dem Vortrag mit drei Obdachlosen Jobinterviews geübt. Da haben wir wieder gemerkt, wie groß die Unterschiede sind: An Dinge, die für uns selbstverständlich sind, müssen sich die Männer erst gewöhnen. Auf Fragen wie "Was sind deine Stärken und Schwächen" kam oft eine Antwort wie "Keine Ahnung", "Hab ich nicht", "Ich kann nicht unter Druck arbeiten", einer hat sogar erzählt, dass er seinen letzten Job wegen Probleme mit dem Chef verloren hat. Wenn wir wieder dran sind mit dem Workshop, was erst nächstes Jahr der Fall sein wird, werden wir auf jeden Fall Interviews mit den Männern üben und vorbereiten, da ein Job hier wirklich schwer zu kriegen ist, wenn man sich nicht vernünftig präsentiert. Den Dienstag haben wir also komplett mit dem Workshop, Suppe holen und Outreach verbracht. Wir waren wieder bei den Flüchtlingen, die dieses Mal nicht komplett überstürzt waren, aber trotzdem noch hungrig. Auch Donnerstag waren wir wieder dort, haben übrig geliebenes Brot verteilt und das erste Mal die Leute dort bei Tageslicht gesehen. Sie wohnen in einem ehemaligen Hotel, das seit Jahren leersteht und auch so aussieht. Außerdem hatten wir ein Meeting in einer Kirchengemeinschaft, die sich ebenfalls für Obdachlose engagiert und ein Schachturnier organisiert. Daraufhin haben wir Schachbretter bekommen und angefangen zu üben. Ich habe zwei Spiele gespielt; das erste eindeutig gewonnen, nachdem mein Gegner (ein Arbeitskollege) erst eine große Klappe hatte, das zweite nach ein paar Sekunden verloren, weil ich einfach keine Strategien kenne.

Mittwoch waren wir bei Elodie und Esmeralda, zwei Französinnen, die einige Zeit bei TLF gearbeitet haben. Die beiden wohnen in der Nähe von Groenkloof in einem riesigen Haus! Im Wohnzimmer stehen hunderte Weinflaschen an der Wand neben einem riesigen Fernseher, es gibt einen kleinen Pool neben einer großen Terrasse mit atemberaubendem Ausblick. Sie teilen sich das Haus mit mehreren Leuten, sind aber weniger als wir in einem größeren Haus und können das Auto von einem Mitbewohner nutzen. Ein wunderschönes Haus in schöner Gegend, aber wohnen würde ich da ehrlich gesagt nicht wollen. Es ist nicht die Art Südafrika, wie es bei uns ist, man lebt halt eher in der wohlhabenden, westlichen Welt und kriegt von den Problemen nicht viel mit. 

Am Donnerstag hatten wir ein meeting für das holiday program, welches nächste Woche startet. Wie immer sehr spontan und wie sich herausstellte, war noch nichts geplant. Ausnahmsweise war das aber überhaupt kein Problem, denn die erste Woche besteht sowieso nur aus Proben für ein Theaterstück, welches Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Umgebungen am Samstag nach der ersten Woche bei der graduation von den Kindergartenkindern von Inkululeko aufführen sollen. Anstrengend war es trotzdem, denn wir mussten alle Kinder, die nicht auf der Bühne waren (also je nach Szene 20-50) beschäftigen, verarzten, Streit schlichten etc. Umso besser, dass wir einen day off nehmen konnten, denn das Wochenende vorm Holiday program war retreat von ganz TLF.

Wir sind mit der ganzen Organisation wieder ins Goodland Estate gefahren - das heißt, ich bin gefahren. Nina hat mich gebeten, zusammen mit dem Welcoming Team am Freitag schon um 7 Uhr loszufahren, nicht mit den anderen um 9. Im Endeffekt habe ich dann meine Geduld testen müssen, denn wir sind erst 09:15 losgefahren... Glücklicherweise habe ich mich mittlerweile so auf Südafrika eingestellt, dass mich das überhaupt nicht gestört hat. Im Estate angekommen haben wir dann alles schön hergerichtet, Welcome-packs vorbereitet und kurz danach sind auch die anderen eingetroffen. Das Wochenende war echt schön, wir haben uns innerhalb der Organisation alle echt gut kennen gelernt und hatten in Kleingruppen verschiedene Aufgaben, die uns auch in der WG wieder gestärkt haben, bspw. eine Brücke aus Eisstielen bauen. Unsere Brücke war super! Wir haben nicht nur die Brücke gebaut, sondern auch ein Geländer außenrum und einen kleinen Mann mit langen Haaren, Rock und einem Bier in der Hand. Man muss ja schließlich die deutsche Kultur verteidigen. :-) Außerdem hatten wir Zeit, um in die Natur zu gehen und einfach nur nichts zu machen. Wir haben uns also jeder einen Stein weit abseits vom Weg gesucht (meiner sah aus wie der Königsfels aus König der Löwen), uns hingelegt und einfach nur der Natur gelauscht. Das habe ich echt vermisst: Ruhe, Vogelgezwitscher, keine Autogeräusche, das Summen von hunderten Insekten, die leider auch meist direkt auf deiner Nase landen. Den Samstag hatten wir auch ein Lagerfeuer, haben südafrikanische Lagerfeuerlieder gesungen und Spiele gespielt. Wir hatten ursprünglich den Plan, draußen zu schlafen, aber ich hatte keine extra Decke wie Caro und Lene und bin deswegen gegen halb 5 wieder in mein Bett gegangen, weil es echt extrem kalt war.

(aktuell)
Die erste richtige Woche vom holiday program war wieder anstrengend. Zum Glück hatten wir nicht so viele Kinder, weswegen in den Kleingruppen nur 5-6 Kinder waren, aber wie Kinder dann so sind, hat das auch gereicht. Wir haben verschiedene Workshops vorbereitet, in denen wir für die talent show morgen geprobt haben. Es gibt ein Theaterstück, Gedichte, einen Tanz und Akrobatik. Weil es letzte Woche aber extrem heiß war, haben wir teilweise komplett auf unser Programm verzichtet und die Kinder in kleinen Pools planschen lassen. Die Begeisterung war groß - genau wie das Gemecker, wenn nach 10min ein Wechsel war, da immer nur 5 Kinder gleichzeitig in einen Pool konnten. :-) Die Zeit war echt am anstrengensten, aber für die Kinder am besten, und so soll es schließlich auch sein. Die Pools haben Franci, Matthew und mir auch einen Einblick in ein Krankenhaus verschafft: Matthew hat sich den Nacken an einer Bank angehauen, woraufhin wir einen Krankenwagen gerufen haben. Der Rettungssanitäter, der kam, war halb deutsch und halb südafrikanisch. Der erste Satz war "Seid ihr Deutsch?", was uns sehr überrascht hat. Ich durfte hinten im Krankenwagen mitfahren und zusammen mit Franci 3 Stunden im Krankenhaus gewartet, bis die Ergebnisse kamen - zum Glück ist nichts passiert. Das Krankenhaus war sehr sauber und vom Aufbau etwas amerianisch. Matthew wurde in einen großen Raum gefahren, der in verschiedene, mit Vorhängen abtrennbare Abteile aufgeteilt war. Wir mussten in der Zwischenzeit eine Akte für ihn anlegen und dann in einem Wartezimmer warten. Dort haben wir auch die ersten richtig schön geschmückten Tannenbäume gesehen - bei 35°C im Schatten. Merry Christmas!


Richtig in Weihnachtsstimmung bin ich aber wirklich schon gekommen: Wir hatten ein Christmas breakfast von TLF, wobei wir gewichtelt haben. Ein Baum wurde mit bunten Tüchern umwickelt, es gab ein großes Buffet und ein Musiker hat Lieder gespielt. Beim Wichteln habe ich eine Südafrika-Kette bekommen. :-)

Am Wochenende waren wir mit allen zusammen in der Menlyn Mall, da Lyndsey morgen für ein paar Wochen nach Hause fliegt und wir ihren Abschied "gefeiert" haben. Wir haben die ersten Weihnachtsgeschenke gekauft, zusammen gegessen und waren im Kino - wobei wir uns bei letzterem aufgeteilt haben. Ein paar haben einen Weihnachtsfilm geguckt, ein paar andere Frankenstein. Ratet mal, in welchem Film ich war. :-)
Jetzt komme ich gerade von einem women's camp wieder, welches das TPH für die Frauen organisiert hat. Es war kein Camp im eigentlichen Sinne, eher eine Art Auszeit von allem. Wir waren in einem schnuckeligen Hotel (Lagai Roi in Mooinooi) mit Pool, komplett abgelegen, und haben uns schön entspannt. Frieda und ich mussten gestern morgen spontan auf die Kinder aufpassen, was wohl für beide Seiten nicht so schön war: Die Kinder waren schnell gelangweilt und sind dauernd weggelaufen, Frieda und ich wussten etwa 10min vor Beginn, dass wir auf die Kinder achten müssen, und waren dementsprechend wenig vorbereitet. Der Ausgleich war dann das gute Essen, eine wunderschöne Umgebung mit komischen Käfern und Vögeln, die Geräusche machen wir ein abgewürgtes Auto (nur metallischer, als ob ein DJ den Sound aufsetzt). Alles in allem ein paar schöne Tage, wir konnten uns entspannen und in gemütlichen Betten schlafen.

Und jetzt ist in einer Woche schon Weihnachten und in keinen zwei Wochen unser erster richtiger Urlaub... Die Zeit geht total schnell rum. Was mich aber wundert ist, dass ich trotz der Hitze doch etwas in Weihnachtsstimmung bin. Vielleicht liegt das daran, dass Mama und Papa kommen und das ein Stück weit Zuhause bedeutet, aber auch so ist es ganz schön. Anna und ich haben unser Zimmer weihnachtlich dekoriert (Danke an Annas Eltern, die Deko ist super!) und gestern wurden die ersten Kekse gebacken.
Ich bin gespannt, wie die nächste Woche wird!

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