Sonntag, 5. Juli 2015

DAS VORBEREITUNGSSEMINAR

Vom 28.6. bis 5.7. fand unser Vorbereitungsseminar zusammen mit dem DSJW in Bad Honnef statt.



Ich bin mit Anna hingefahren - 4,5 Stunden Autofahrt, das meiste davon Autobahn. Da bis 13:00 Anreise geplant war, sind wir um sieben Uhr morgens losgefahren. Yay! Nach der Ankunft haben wir erst einmal schön Mittag gegessen. Die Jugendherberge hat super Essensauswahl, es gibt immer was vegetarisches in der Menge, dass jeder davon essen könnte! :) Die anderen von den friends zu treffen war im ersten Moment etwas komisch, vor allem die Vorstellung, bald ein Jahr lang mit ihnen zusammen zu wohnen.
Beim ersten Treffen mit allen haben sich als erstes alle vorgestellt. Es sind extra einige Südafrikaner angereist, sowohl aus SA als auch aus Namibia, wo ein paar Freiwillige vom DSJW hinfliegen. Das komplette Seminar findet auf Englisch statt, einmal aus Höflichkeit gegenüber denen, die kein Deutsch sprechen und dann für die Gewöhnung an die englische Sprache, die wir in SA nutzen müssen, bis (oder falls) wir eine der örtlichen Sprachen sprechen. Und bei einigen Fragen, die man richtig beantwortet, bekommt man einen importierten Lolli. Meiner war mit Ananasgeschmack. :)
Dann haben wir icebreaking games gespielt, dh eine Namensrunde, Reise nach Jerusalem in menschlicher Form (jeder sucht sich einen Partner, es gibt einen äußeren und einen inneren Kreis und wenn die Musik stoppt muss man so schnell wie möglich auf dem Bein des Partners sitzen oder Huckepack) etc. Halb vier gab es, wie jeden Tag, tea time mit Kuchen, Kaffee und Tee. Danach haben wir gruppenweise unsere Erwartungen an das Seminar zusammengestellt - und egal wie ausgefeilt die Erwartungen waren, am Ende meinten die Leiter, dass alles sowieso im Programm ist.
Nach dem Dinner haben wir uns erst mit den friends getroffen und einige Sachen besprochen, die im Seminar vorher nicht für uns gelten, da manche Dinge vom DSJW anders gehandhabt werden als von den friends. Und wir haben wieder ein Spiel gespielt: In Dreiergruppen ist einer der Affe, einer der Zeiger und der dritte ist Sprecher. Der Affe bekommt die Augen verbunden und hat die Aufgabe, drei Bälle innerhalb eines Spielfeldes zu finden, während er vom Zeiger und Sprecher in die entsprechende Richtung dirigiert wird. Ich war mit Nik und Caro in einem Team und wir habens so gar nicht geschafft... Ich als Affe wurde anfangs außerhalb des Spielfeldes an das andere Ende des Platzes gestellt, von wo aus ich überhaupt nichts gehört hab. Nik hat wohl die ganze Zeit meinen Namen gerufen, ich hab allerdings nur weibliche Stimmen gehört und bin verwirrt stehen geblieben und am Ende wahllos irgendwo hingelaufen. Als ich dann zufällig Nik gehört hab, war der Ball inmitten von drei fremden Bällen und natürlich hab ich dann nur die falschen erwischt.
In meinem Zimmer waren noch sechs andere Mädchen - unter anderem Anna (wir sind die einzigen beiden friends in einem Zimmer). Alle nett. :)

Am Montag haben wir nach dem Frühstück mit einem Lied auf Afrikaans angefangen, danach hat Richard einen Vortrag über die Geografie und Demografie in SA gehalten. Sehr langwierig, aber anscheinend hat SA das beste Klima, da die Lage am Äquator Wärme bedeutet, die hohe Lage des Landes aber ein gewisser Ausgleich bringt. Die Stimmung ist so entspannt, dass mittlerweile alle barfuß rumlaufen.
Außerdem haben wir erste Vorträge über die Projekte des DSJW gehört. Jedes einzelne Projekt klingt ziemlich cool, da wird man fast neidisch wenn man selbst noch nicht so richtig weiß, wo man landet. Und irgendwie wird das Ganze auch viel realer, wenn man weiß was genau dort gemacht wird. In Gruppenarbeit haben wir dann auch über die Projekte vom TLF genauere Informationen bekommen und Videos gesehen. Da im Moment ziemlich viel umstrukturiert wird, ist es noch nicht genau sicher, in welches Projekt ich komme, aber es wird auf jeden Fall Straßen- und Sozialarbeit - entweder im Potter's House oder in einem Outreach- und Drop-in Team für alle Projekte zusammen.
Im Plenum haben wir angefangen Afrikaans zu lernen. Die Sprache klingt wie eine unglaublich schlechte Mischung zwischen Englisch und Holländisch. Recht gut zu verstehen, wenn der Gegenüber langsam spricht, zumindest der Sinn dahinter. In Gruppen haben wir dann unsere Erwartungen bezüglich der Arbeit in SA besprochen. Auch hier kamen wieder eine Menge Dinge zusammen, wobei die Gruppen wieder einige gleiche Erwartungen hatten: Kennenlernen einer neuen Kultur, Sprache lernen, sich eingliedern, etc... Unsere Hoffnung, Afrikaans zu lernen, wurde gleich wieder zerstört, da in Pretoria nicht nur Afrikaans gesprochen wird, sondern auch Setswana, Zulu und Xhosa und sich nicht einmal die Einheimischen untereinander einwandfrei verständigen können.

Dienstag haben wir mit einem Lied auf Zulu angefangen, danach hat Tumi uns die Grundzüge von Setswana beigebracht. Die Sprache hat keinerlei Bezüge zu irgendwas anderem, dh die einzige Möglichkeit sie zu "lernen" ist das Auswendiglernen von Sätzen, die schwer zu merken sind.
Es wurden wieder Projekte vom DSJW vorgestellt, außerdem auch TLF. In einem Video haben wir unsere Wohnung gesehen. Sieht ganz gut aus, logischerweise nicht wie hier in Deutschland, aber weitaus besser als erwartet. Die Zimmer sind groß, der Innenhof ebenso und es gibt eine Waschmaschine (die allerdings nur kalt wäscht :D).
Eine ehemalige Freiwillige hat mit uns einen Workshop zum Thema Xenophobie gemacht. Das Thema ist sehr wichtig, in einem Video von Erfahrungen konnten wir vieles gar nicht glauben, so krass ist das - teilweise hat die Freiwillige aber auch etwas zu sehr übertrieben, beispielsweise bei der Kritik an Whatsapp, weil es dort nur weiße Smileys gibt. Da haben selbst die Südafrikaner gesagt, dass sie das nicht stört und sie noch nie drüber nachgedacht haben.
Dann hat Richard den zweiten Teil seiner ewig langen Präsentation gehalten, diesmal über die Geschichte Südafrikas - bzw über die erste Hälfte bis 1700. Vieles davon hatten wir schon in der Schule, trotzdem war es als Auffrischung ganz gut.

Mittwoch haben wir nach erneuten Projektvorstellungen einen Workshop zum Thema "Who is helping whom?" gemacht. Dazu haben wir eine schriftliche Diskussion über verschiedene Zitate geführt, die jeweils auf weltwärts oder den Freiwilligendienst bezogen waren. Das Ende vom Lied war, dass das Jahr zwar uns sehr viel weiter bringt, aber auch vor Ort in Afrika Gutes getan wird, da viele Projekte ohne Freiwillige gar nicht laufen würden und unser Jahr dort ja nicht mit der Rückreise endet, sondern wir unsere Erfahrungen weitertragen und teilen.
Zur Verbildlichung der Situation in der Welt haben wir das Spiel "We play World" gespielt. Dazu haben wir uns in zwei Gruppen aufgeteilt. In meiner Gruppe waren 38 Leute, die die Weltbevölkerung dargestellt haben. In der ersten Runde sollten wir uns auf die Kontinente aufteilen, sodass wir die Prozentanzahl der tatsächlichen Bevölkerung erreichen. In Europa waren 4, in Asien 23, in Latein-Amerika 3 und in Afrika 6. In der zweiten Runde sollten wir Stühle entsprechend unserem Bruttosozialprodukt sammeln, wobei wieder 38 Stühle zur Verfügung standen, und uns auf die Stühle setzen. Das Bild war schon ziemlich krass: In Europa sitzen 4 Leute auf je 3 Stühlen, in Afrika quetschen sich 6 auf einen Stuhl. In der letzten Runde haben wir 38 Luftballons aufgepustet, die die Umweltverschmutzung darstellen. Jeder Europäer hat 2-3 Ballons gehalten, die Afrikaner zu sechst einen. Das Spiel veranschaulicht sehr gut, wie die Verhältnisse in der Welt aufgeteilt sind, zumal theoretisch für jeden Einwohner ein Stuhl und ein Luftballon zur Verfügung stehen würde. Uns geht es hier schon echt gut.
Nachmittags sind wir dann wandern gegangen - bzw wollten wandern gehen, aber ich bin mit ein paar Leuten am Bach zurückgelassen worden und dann haben wir da gesessen, einen kleinen Waldspaziergang gemacht und als die Bremsen kamen, sind wir wieder zurück und haben Karten gespielt.

Donnerstag haben wir mit einer safety instruction angefangen. Es gibt unglaublich viele Regeln, an die man sich halten muss, damit einem (hoffentlich) nichts passiert: im Dunklen Zuhause sein, keine kurzen Hosen, nur in Gruppen unterwegs sein, nur das mithaben was man braucht, Geld und Handy dicht am Körper etc. Arno hat sehr eindrucksvoll erklärt, dass wir Beute sind und die Männer uns dort erbarmungslos jagen.
Nach der tea time haben wir einen weiteren Vortrag von Richard über die Geschichte SAs gehört - schön mit 70 Leuten in einem Raum gesessen, der mit 20 Leuten angenehm besetzt wäre. Es war so warm wie die ganze Woche noch nicht: 38°C, gefühlt wie 41°C. Besonders schön, da Anna und ich nach der HIV/AIDS und Religion Stunde wieder eine kurze Heimreise antreten mussten, um unsere Schulentlassung und Zeugnisvergabe nicht zu verpassen. Weil Annas Auto keine Klimaanlage hat, hat sich ihr Auto zwischenzeitlich auf 43°C aufgeheizt. Nie im Leben haben wir so geschwitzt!

Wir sind nachmittags gegen 5 los, waren viertel nach 10 Zuhause und haben den ganzen Freitag verpasst, weil wir erst nachmittags wieder von Zuhause losgefahren sind. Pünktlich um Bier Uhr sind wir in Bad Honnef angekommen, haben uns nur kurz abgeduscht ("Anna, sind auf meinem Rücken Schweißflecken?" - "Nein, ich seh nichts..." - Das ganze Top war durch, an der Seitennaht hat man die Verfärbung gesehen, lecker :D) und sind dann direkt zum Rhein, wo die meisten anderen waren.

Samstag kamen über zwanzig ehemalige Freiwillige, um Fragen zu beantworten, Tipps zu geben und ihre Erfahrungen zu teilen. Es ist etwas ganz anderes, wenn man mit Leuten spricht die gerade erst da waren und das Gleiche gemacht haben wie man selbst, als einen Vortrag zu hören, was natürlich letzteres nicht schlecht dastehen lassen soll. ;)
Wir haben erfahren, dass wir in unserer WG einiges schon dahaben, was viel Platz im Koffer braucht. Außerdem ist im Innenhof jeden Abend ein Zumba-Trainer, bei dem man für 50 ZAR im Monat, also keine 5€, beliebig oft teilnehmen kann. Und es gibt eine Dusche mit zwei Duschköpfen, die bei 13 Bewohnern der WG zwangläufig auch doppelt genutzt werden muss. Scheint aber alles Gewöhnungssache zu sein.
Abends haben wir dann gegrillt, natürlich wieder Bier getrunken und mit den friends Tischtennis und Basketball gespielt. Müssen wir uns da auch bauen!

Sonntag war Abreisetag für alle... Wir haben morgens eine kurze Reflection gemacht, bei der wir Inhalt des Seminars und unsere Vorfreude kalkulieren sollten. Die Vorfreude ist nach einer Woche Seminar sowas von hoch, am liebsten würden wir alle sofort losfliegen! Aber man muss abwarten, Tee trinken und Silvester in Kaptstadt planen. :) Zum Abschied haben wir nochmal alle Lieder gesungen, dann wars auch schon vorbei.

Zusammengefasst bestand unser Seminar gefühlt zur Hälfte aus Essen:
- 8:00 breakfast
- 10:30 tea time
- 12:45 lunch
- 15:30 tea time
- 18:00 dinner
Dazwischen Vorträge, abends hatten wir dann Zeit für uns und haben entweder auf der Terrasse oder am Rhein zusammengesessen und Bier getrunken. Lecker Kölsch!

Die Woche ging unglaublich schnell rum, und es ist irgendwie schade, dass wir uns erst im Zwischenseminar im Februar wieder alle sehen, wobei die Namibia-Leute da nicht dabei sein werden. Dafür sind es keine zwei Monate mehr, die wir in Deutschland verbringen!

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